Liebe, Achtung, Wertschätzung; Grundbedürfnisse des Menschen

Das Bedürfnis nach Liebe, Achtung und Wertschätzung sind Grundbedürfnissen des Menschen wie das Bedürfnis nach Nahrung, Wasser und ein Dach über dem Kopf. Sie sind die Nahrung nicht nur der Kinderseele – wie das Experiment welches ich weiter unten beschreibe, eindrucksvoll beweist – sondern auch der erwachsenen Menschen.

Durch liebevolle Hinwendung fühlen wir uns geliebt, geschätzt und in unserer Einzigartigkeit angenommen. In der positiven Spiegelung erkennen wir uns in unserem Dasein; erfahren uns – im hier und jetzt – als menschliches Wesen; lernen uns in wechselseitigen Beziehungen mit unseren Mitmenschen kennen.

Das kleine Wesen sucht anfangs in den Augen der Mutter – später in denen des Vaters und anderer Bezugspersonen – nach Beachtung und Wertschätzung.

Werden diese Grundbedürfnisse ausreichend befriedigt wird der Grundstein für eine stabile, gesunde Persönlichkeit gelegt. Samen fallen auf fruchtbaren Boden und können sich – im Erwachsenenalter – in Früchte der Zufriedenheit, emotionalen Stabilität, höheren Resilienz sowie des harmonischen Wechsels von Tatendrang und Erholung, von „Zwei-Samkeit“ und „Ein-Samkeit“ entfalten.

Unerfüllte Bedürfnisse bedeuten für das kleine Wesen Lebensgefahr. Es wird mit Überlebensängsten konfrontiert. Die überwältigende Ladung überfluten das kleine, fragile System und hinterlässt in seinem Emotionalen- und Zellgedächtnis bleibende Eindrücke. 

Die enorme Bedeutung der positiven Spiegelung und der emotionalen Interaktion hat – als Nebenerkenntnis – ein Experiment, welches von Friedrich II, Keiser des Heiligen Römischen Reiches, in Auftrag gegeben wurde, eindrucksvoll bewiesen.

Er wollte herausfinden ob die Sprache bei Menschen angeboren oder erlernt sei. Zu diesem Zweck ließ er Neugeborene von Ammen aufziehen, die alle körperlichen Bedürfnisse der Säuglinge erfüllen jedoch sämtliche Zuneigung, Beachtung und emotionale sowie sprachliche Wechselbeziehung vermeiden sollten. Das Experiment war mit dem Ergebnis, dass die Kinder nicht sprechen konnten erfolgreich abgeschlossen. Es wurde bewiesen, dass die Sprache eine erlernte Fähigkeit ist. Als Nebeneffekt wurde jedoch ein weiteres Phänomen beobachtet: Der Großteil der Kinder, die am Experiment teilgenommen hatten waren gestorben!

Dank der Ergebnisse aus der Säuglings- und Bindungsforschung der letzten 20 Jahre ist bekannt, dass Säuglinge keine reflex- und triebgesteuerten „Tabula Rasas“ sind – wie früher angenommen –, sondern aufmerksame, aktive, hochdifferenzierte Wesen, die in innigem emotionalem Kontakt mit ihrer Umwelt stehen. In den ersten drei Monaten nach der Geburt erhöht sich z.B. die Zahl der Neuronen durch die Neubildung von Zellen um ein Drittel. In keinem Lebensabschnitt später entwickelt sich das Gehirn -von sich aus – mit dieser Intensität.

Die gleichen Quellen postulieren, dass beim Plötzlichen Kindestod – ohne organischen Befund – die Todesursache, mit großer Wahrscheinlichkeit, auf dem Mangel an Beachtung und emotionaler Zuwendung zurückzuführen ist.

Das Schwarze Loch

Lang anhaltende Frustration und Enttäuschungen über die ungestillten Grundbedürfnisse lassen ein unersättliches Gefühl von Mangel entstehen, welches ähnlich einem Schwarzen Loch alles in sich hineinsaugt, was in seine Nähe kommt ohne seinen „Hunger“ jemals befriedigen zu können.

In milder Form manifestiert sich das Schwarze Loch als Unzulänglichkeit, fragiles Selbstwertgefühl, Hunger nach Liebe und Anerkennung und in seiner extremen Form als destruktive Persönlichkeitsstrukturen, wie das beispielsweise bei der narzisstischen, antisozialen und der borderliner Struktur der Fall ist; die vermeidlichen Defizite werden mit unterschiedlichen Kommunikationsmechanismen kompensiert, z.B. mit Grandiosität überdeckt.  

Aber auch ein „Zu viel“ an Emotionaler Zuwendung kann die Bildung einer destruktiven Struktur begünstigen. Eine zu enge Bindung zwischen dem Kind und seinem gegengeschlechtlichen Elternteil führt ebenso zu Bildung einer narzisstischen Charakterstruktur. 

Die privilegierte „Sonderstelle“, welche das Kind beim involvierten Elternteil hat, die bevorzugte Behandlung sowie seine Fähigkeit die an ihm gestellten Erwartungen zu erfüllen, führen zu Bildung der narzisstischen Struktur; es entsteht das grandiose Bild einer besonderen, einzigartigen Persönlichkeit. Gleichzeitig spürt es aber intuitiv die korrupte, an Bedingungen verknüpfte Liebe und füllt sich hintergangen und in Stich gelassen; entwickelt Hass und Wut Gefühle gegenüber dem Elternteil an dem es so eng gebunden ist; Gefühle, die später auf der Partnerin projiziert und – weiter – ausgelebt werden.

CoAbhängigkeit

Wächst ein Kind unter gleichen Umständen auf, kann es aber die Bedürfnisse und Erwartungen des bindenden Elternteils – trotz aller Bemühungen – nicht erfüllen, entsteht eine CoAbhängige Struktur, wie das beispielsweise beim weiblichen Narzissmus – der Komplementärnarzisstin – der Fall ist.

Das Streben nach (Über)Leben

Der menschliche Säugling ist das bedürftigste und hilfloseste Neugeborene aller Säugetiere. Es muss am längsten betreut und behütet werden. Es ist am längsten von seinen Eltern und anderen Bezugspersonen abhängig. Ohne ihre Unterstützung würde es nur wenige Tage überleben. Im Vergleich dazu; Neugeborene vieler Säugetiere können wenige Stunden nach der Geburt bereits laufen.

Lebensbedrohlichen Umstände sind für das kleine, noch nicht gereifte System eine kaum zu überwältigende Belastung. Um seine Existenz und die psychische Integrität unter extreme Belastung zu sichern ist das Kind gezwungen unterschiedliche Überlebensmechanismen zu entwickeln. Es lernt zu manipulieren, um das zu bekommen, was es braucht oder nur gern gehabt hätte; in seiner Wut und Enttäuschung lernt es das begehrte Objekt abzuwerten und/oder es zu beschädigen; nach „Verbündeten“ zu suchen (triangulieren), wenn es der Überzeugung ist, dass Druck helfen würde seine Ziele zu erreichen usw.: Verhaltensmuster, die später in der Partnerschaften – wie damals in der Ursprungsfamilie – ausgelebt werden.

Die Schatten der Vergangenheit

Die Relikte aus der Kindheit leben im erwachsenen Menschen weiter.

Die tiefsitzende Wut, der Hass und Groll über die vielen Enttäuschungen und den emotionalen Missbrauch, wird in der Gegenwart als – massive, oft dem auslösenden Ereignis unangemessene – Aggression erlebt.

Die Manipulation – an Stelle der klaren Formulierung der Wünsche und Bedürfnisse – wird zum Standardwerkzeug der Emotionalen Manipulatoren.

Wenn alles anderes nicht hilft, wird Erpressung und Druck zum Mittel der Wahl.

Verbündete werden gesucht und „ans Bot geholt“; Konkurrenzkämpfen in Form von Eifersucht-Dramas werden inszeniert.

Was damals notwendig; eventuell noch angemessen und lebensrettend war, wird in der Gegenwart zur Quelle unendlichen Leidens sowohl für die Betroffenen selbst als auch für ihre Mitmenschen.

Wiederholt erlebte, schmerzhafte Erfahrungen verhinderten die Entwicklung von Hoffnung, Gelassenheit und Zuversicht. Um diese Art der Stabilität zu entwickeln, bedarf es jedoch neben negativer – in gleicher Ausmaß, oder gar noch mehr- positiver Erfahrungen und einer liebevollen Begleitung/eines geduldigen „Zeugen“, wie z.B. der Mutter oder des Vaters. 

Selbsterhaltung setzt Selbstachtung voraus

Liebe, Beachtung und Annahme bleiben Grundbedürfnisse ein Leben lang. Mit Recht suchen wir heute in den Augen und Handlungen unsere Mitmenschen nach ihnen, möchten unsere Bedürfnisse befriedigen; kleine und große Löcher füllen, genau wie damals in der Kindheit.

Wie wir jedoch für die Erfüllung dieser Bedürfnisse sorgen, ist entscheidend. Hier teilen sich die Wege!

Diese Schätze sind im Erwachsenenalter Geschenke; eine Art Segen, der über uns geschüttet wird (oder auch nicht). Werden uns diese wertvolle Perlen freiwillig geschenkt, freuen wir uns, genießen sie in vollen Zügen und versuchen zu gegebener Zeit sie entsprechend zurückgeben. Dafür müssen (sollten wir) weder Besonderes leisten um sie zu bekommen, noch Gewalt und/oder Manipulation anwenden, wenn sie uns aus freiem Willen nicht gegeben werden.

Im Gegensatz zu Kindern haben wir als Erwachsene die emotionale Kapazität mit Enttäuschungen umzugehen und die Möglichkeit unseren Bedarf an Erfüllung und gesundem Selbstwert aus anderen Quellen zu schöpfen – z.B. aus der unerschöpflichen Quelle in uns, die – wie Mark Aurelius schon vor achtzehn Jahrhunderten erkannt hat – niemals aufhört zu sprudeln, solange wir nicht aufhören nach ihr zu graben. 

Die Selbstachtung findet ihren Ausdruck in Selbsterhaltung; Im Erwachsenenalter haben wir – im Gegensatz zu Kindheit – genauso die Möglichkeit uns von dem abzuwenden was uns nicht gut tut und uns schadet. 

Die Möglichkeiten eines kleinen Kindes sind gewiss beschränkt, die des Erwachsenen jedoch nahezu unbeschränkt.

Die Seele schläft im Stein, atmet in der Pflanze, lebt im Tier und erwacht im Menschen

….. sagt eine fernöstliche Weisheit.

In beiden Modalitäten – sowohl als Emotionale Manipulatoren als auch als Verteidiger unserer Integrität – stehen uns neue. unzählige, nach Entfaltung strebende Potenziale zur Verfügung.

Die Seele

schläft im Stein (Mutterleib),

atmet in der Pflanze (im Kindesalter, sind wir bewegungseingeschränkt und vollkommen abhängig von Umweltgegebenheiten, wie die Pflanzen),

lebt im Tier (in der Pubertät wird unser Fortpflanzungstrieb erweckt, wir wollen unsere Eigenartigkeit in Konkurrenzkämpfen durchsetzen, halten uns für den Babel der Welt) und

erwacht im Menschen (wir können unser Verhalten bewusst steuern; entscheiden, was für uns gut und was weniger gut ist und uns entsprechend hin oder dagegen bewegen.

Somit tragen wir die Verantwortung sowohl für unsere Handlungen als auch für unsere Heilung und unseren Schutz.

(Bildquelle: pixabay)

Weitere, zusammenhängenden Themen:

Emotionale Manipulator(innen)en

Emotionale Manichpulator(innen)en; der Überblick

Yin und Yang; die Urkräfte des Universums (die naturgemäße Rollen der Frau und die des Mannes)

Der Umgang mit Emotionalen Manipulatoren

Die Phasen der Liebe

CoAbhängigkeit ……

Merkmale der gesunden Beziehungen

Merkmale der destruktiven Beziehungen


Werden deine Grundbedürfnisse ausreichen befriedigt?

Wenn ja, welche sind deine Quellen der Zufriedenheit? 

Wenn nein, was benötigst du, um die Situation zu ändern? 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert